PRAKTIKEN
Gehen, Reisen, Denken, Erzählen, Sprechen… – alltägliche Praktiken; Handlungsmuster, Umgangsformen, Vorgangsweisen, Prozeduren als die bewegten und bewegenden Elemente einer Gesellschaft, die in ihrem Zusammenwirken Kultur hervorbringen. Sie sind aus zahllosen Ritualen, Automatismen, Fabulationen, Improvisationen, Querschüssen, Regelbrüchen etc. zusammengesetzt und entziehen sich der restlosen Plan- oder Steuerbarkeit. Sie sind dem Zufall oder dem günstigen Moment näher verwandt als der „bewussten“ Strategie. Sie bergen Potenziale der Veränderbarkeit und bilden womöglich die Knoten eines „Netzes der Antidisziplin“.
Bilder, Bücher, Blogs, Filme, Gesichter, Orte etc. lesen:
Umherwandern im vorgegebenen Zeichensystemen, ihre provisorischen Ordnungen unterwandern, das Netz aus Bedeutungen jeweils neu erfinden, nicht nur rekonstruieren; jede Lektüre verändert ihren Gegenstand usw. usf.
Bilder, Bücher, Blogs, Filme, Gesichter, Orte etc. (be)schreiben:
eine Aneignung, Festsetzung, Gleichschaltung vornehmen, die Machtgeste vollziehen:
Die Praktiken des Schreibens sind für Certeau durch zwei vorgängige Hierarchisierungen geprägt, durch die Entwertung des gesprochenen Worts zugunsten des geschriebenen, und durch die Entwertung der Tätigkeit des Lesens, die lange als passives Konsumieren verstanden wurde, zugunsten des aktiven Schreibens.

Schreiben: konkrete Aktivität, die darin besteht, in einem eigenen Raum, auf einer Seite, einen Text zu konstruieren, der auf die Außenwelt einwirkt, von der er sich zunächst abgesondert hat. – Auf dem Nicht-Ort Papier realisiert sich das „Modell einer produzierenden Vernunft“. – Der Text ist immer schon die grundlegende und allgemeine Utopie des modernen Abendlandes. – "Indem das Schreiben die Macht zur Akkumulation des Vergangenen und zur Anpassung der Alterität des Universums an seine Modelle vereint, ist es kapitalistisch und eroberungslustig…"